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Materialart: | Bibelarbeit |
Zielgruppen: | Jugendliche, Junge Erwachsene, Mitarbeit |
Einsatzgebiet: | Predigtvorbereitung |
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Zeitbedarf: | -2 Min. |
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1. Korinther 16,14 anzeigen Bibelstelle
1. Korinther 16,14 14Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! Lutherbibel 2017, © Deutsche Bibelgesellschaft |
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πάντα ὑμῶν ἐν ἀγάπῃ γινέσθω (Novum Testamentum Graece)
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. (Einheitsübersetzung)
Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen. (Luther 2017)
Omnia vestra in caritate fiant. (Biblia Sacra Vulgata)
Bei allem, was ihr tut, lasst euch von der Liebe leiten. (Hoffnung für alle)
Alles bei euch geschehe in Liebe! (Elberfelder)
Egal was ihr macht, Hauptsache, euer Grundmotiv ist die Liebe! (Volxbibel)
Let all your things be done with charity. (King James Version)
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Am Beginn jedes Jahres erscheint eine neue Jahreslosung. Das anstehende Jahr wird quasi unter ein Motto gestellt. Und in vielen Kirchen und Gemeinden beginnt das neue Kalenderjahr mit einer Predigt zur Jahreslosung.
Jahreslosungen sind Worte zum Anfang. Auch mit der 95. Jahreslosung wird das so sein. Sie ruft ja auch dazu auf, aktiv zu werden. Sie ist also besonders geeignet, um einen Startpunkt zu setzen. Dabei ist sie ursprünglich eher ein Schlusssatz. Eine Zusammenfassung. Wichtige abschließende Worte. Sie steht am Ende des 1. Korintherbriefes, den Paulus im Jahr 54./55. n. Chr. verfasst hat.
Nachdem er der Gemeinde in fünfzehn Kapiteln viele theologische Themen ausführlich dargelegt hat, nachdem er über theologische und ethische Fragen gestritten und gerungen hat, nachdem er ermahnt und ermutigt hat, da fasst er nochmal zusammen: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Paulus hatte die Gemeinde in Korinth auf seiner 2. Missionsreise (ca. 50 n. Chr.) gegründet. Das bedeutet, er kam in die Stadt und begann – als jüdischer Gelehrter – in der Synagoge zu predigen. Er las also einen Text aus dem Alten Testament und legte diesen aus. Jedesmal, wenn Paulus das tat, dann sprach er von Jesus: Wie er in Israel lebte, wie er am Kreuz gestorben war und dass er vom Tod auferstanden ist und ihm, Paulus, sogar leibhaftig begegnet war. So kamen Menschen zum Glauben an Jesus Christus und es entstanden kleine Hausgemeinden. Sie luden ihre Nachbarinnen und Nachbarn und Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen ein, so dass nach und nach eine größere christliche Gemeinde in der Stadt entstand. Paulus lehrte die Gemeinde, was es bedeutet, als Christin oder Christ zu leben. Aber nach einigen Monaten zog er weiter in die nächste Großstadt, um noch mehr Gemeinden zu gründen. Um in Kontakt zu bleiben, schrieb Paulus immer wieder Briefe an die Gemeinden, die er kannte. Zwei Briefe an die Korinther sind uns bis heute erhalten geblieben. Eine andere Möglichkeit, um auf dem Laufenden zu bleiben, bestand darin, Mitarbeitende in die Gemeinde zu schicken, damit sie nach den jungen Gemeinden sehen sollten. Und wenn es auf dem Weg lag, kam Paulus auch selbst vorbei. Wir wissen, dass er manche Gemeinden öfters besuchte.
Wenn Paulus grade einmal nicht in der Gemeinde war, dann war die Christinnen und Christen in Korinth auf sich selbst gestellt. Sie mussten sich also an dem orientieren, was Paulus ihnen über das Christsein beigebracht hatte. In vielen neuen Situationen mussten sie sicher auch eigenständige, mündige Entscheidungen treffen. Natürlich waren sie da dankbar, wenn ein christlicher Lehrer (es waren damals quasi nur Männer) wie z. B. Paulus, sein Schüler Timotheus oder sogar der Apostel Petrus höchstpersönlich sie besuchte. Solche Lehrer konnten der Gemeinde in schwierigen theologischen Fragen, aber auch bei Alltagsproblemen oft weiterhelfen. Sie erzählten Geschichten von Jesus, oder von anderen Gemeinden, die dann im Gottesdienst weitererzählt und verwendet werden konnten. Solche Lehrer waren Ermutiger für die Gemeinden. Aber jeder Lehrer hatte eben auch seinen eigenen Stil und sogar seine eigenen theologischen Überzeugungen. Auch unter den ersten Christen gab es bereits große theologische Meinungsverschiedenheiten. Nachdem nun ein paar solcher christlichen Lehrer die Gemeinde in Korinth besucht hatten, bildeten sich kleine Grüppchen in der Gemeinde. Jede und Jeder schloss sich der „christlichen Richtung“ seines Lieblingslehrers an: Ein paar blieben bei der Lehre von Paulus, ein paar standen eher auf den rhetorisch geschulten Apollos, wieder andere waren Anhänger von Petrus und ein paar sagten: Wir haben den Heiligen Geist, wir brauchen keine anderen Lehrer.
Paulus befindet sich im Jahr 54./55 gerade in Ephesus, als ihn Menschen aus der Gemeinde in Korinth besuchen kommen. Sie erzählen ihm, was passiert war und von den Spaltungen. Nicht nur die Grüppchenbildung ist ein Problem, sondern auch theologische Fragen und ethische Probleme sind in der Zwischenzeit aufgetaucht. Paulus schreibt daraufhin den 1. Korintherbrief und geht darin auf die konkreten Erzählungen und die Ereignisse in Korinth ein.
Dem 1. Korintherbrief zufolge geht es in der Gemeinde um folgende Themen:
Paulus macht sich Sorgen um die Gemeinde. Er weiß um die Gefahr, dass Gemeinden sich trennen und dass Menschen über solchen Streitigkeiten auseinandergehen. Mit seinem Brief versucht Paulus die Gemeinde vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Er ruft sie zur Einheit.
Das war bei den Korinthern aber keine so leichte Angelegenheit. Denn die Stadt und ihre Bewohner war an sich bereits sehr verschieden. Die griechische Stadt Korinth lehnte sich im Jahr 146. v. Chr. gegen die Macht Roms auf, wurde jedoch besiegt und vollkommen zerstört. Die Bewohner wurden getötet oder in die Sklaverei verkauft. Fast 100 Jahre später, im Jahr 44. v. Chr. gründete Julius Cäsar die Stadt neu und baute sie wieder auf. Das lag wohl auch an der besonderen Lage von Korinth, das direkt am sog. Isthmus von Korinth liegt, einer Landenge, welche die Peleponnes mit dem griechischen Festland verbindet. Zusätzlich zur Landverbindung nähern sich an dieser Stelle der Korinthische und der Saronische Meerbusen auf sechs Kilometer an, weshalb Korinth zwei Häfen hatte und auch für Schiffsgüter einen optimalen Umschlagplatz bot. Als Handelszentrum konnte Korinth in früheren Jahrhunderten sogar mit Athen konkurrieren. Da es nach der Zerstörung keine ursprüngliche Bevölkerung Korinths mehr gab, wurden freigelassene Sklavinnen und Sklaven und ehemalige Gefängnisinsassen aus dem gesamten römischen Reich dort angesiedelt. Die Aussicht auf Reichtum war in einer solchen Handelsmetropole mehr als ein leeres Versprechen. So kamen im 1. Jh. v. Chr. Menschen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und Religionen in das neu gegründete Korinth. Und die Stadt blühte auf, wurde sogar zur Hauptstadt Griechenlands und zum Sitz des römischen Statthalters. Dementsprechend ist Korinth im Jahr 54. n. Chr. das Zentrum für Handel und kulturelle, religiöse und soziale Vielfalt.
Dementsprechend bestand die christliche Gemeinde in Korinth aus Menschen mit völlig verschiedenen Hintergründen und Prägungen. Neben Christinnen und Christen, die zuvor zur jüdischen Gemeinde gehört hatten, bestand die Gemeinde hauptsächlich aus Heidenchristen – Menschen, die den Glauben an heidnische Götter abgelegt hatten und nun Christinnen und Christen geworden waren. Aber auch wenn Jesus in deinem Herzen wohnt, wohnt der Opa doch in den Knochen. Entsprechend vielfältig war das Sozialverhalten, die Gewohnheiten, kulturelle Festzeiten, Familienbräuche, Frömmigkeitsstile, usw. Zudem bestand ein großer sozialer Unterschied in der Gemeinde. Während manche Gemeindeglieder als Sklavin oder Sklave arbeiten mussten, konnten andere ihre Häuser, Anwesen und ihren Wohlstand zur Feier des Gottesdienstes und der gemeinsamen Mahlfeiern zur Verfügung stellen. Diese Differenzen führten auch immer wieder zu Spannungen (vgl. 1 Kor 11).
Der Slogan der Stadt Korinth war womöglich: „Alles ist mir erlaubt.“ Paulus nimmt auf diesen Satz mehrfach Bezug und ergänzt den Satz um einen wichtigen Gedanken. (1. Kor 6,12; 10,23).
Die Gemeinde war außerdem sehr pneumatisch geprägt. Das bedeutet, der Heilige Geist spielte eine entscheidende Rolle im Gottesdienst und in der alltäglichen Lebensführung. Paulus geht im Korintherbrief ausführlich darauf ein (1 Kor 12-14) und ermahnt die Korinther, dass sie nicht hochmütig werden, weil sie eine Fülle an Geistesgaben in der Gemeinde haben. Im Gegenteil, das Wirken des Geistes soll immer der Erbauung in der Gemeinde dienen (1. Kor 14,26).
Wie soll in so einer Gemeinde jemals Einheit zustande kommen? Paulus sieht nur eine Möglichkeit. Die Basis jedes einzelnen Gemeindeglieds, die Basis der Identität jeder Christin und jedes Christen in Korinth muss Jesus Christus sein. „Einen anderen Grund kann niemand legen, als den der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ (1. Kor 3,11). Die Gemeinde muss sich von Jesus her als Einheit verstehen und sich von Jesus her in ihren Entscheidungen führen lassen. Andernfalls wird sie sich zerstreiten und sich spalten. Auch das Bild des Leibes, das Paulus verwendet (1 Kor 12,12-31), sagt, dass jede und jeder unterschiedliche Aufgaben hat, aber das Haupt des Leibes ist Jesus Christus. Er lenkt den ganzen Leib. Was er entscheidet tragen die verschiedenen Teile des Leibes mit. Für Paulus ist klar: Christliche Gemeinde gelingt nur dann, wenn Jesus Christus das Fundament ist.
Von Jesus her stellt sich somit auch die Frage danach, was Paulus unter Liebe versteht. Wenn Paulus von der Liebe spricht, dann meint er nicht das, was im Alltag als Liebe bezeichnet wird. Das griechische Wort für Liebe (agape) bezeichnet im NT die Liebe Gottes. Eine Liebe, die sich das Liebenswerte erwählt und es dadurch kostbar macht. Die nicht liebt, weil das Gegenüber so attraktiv (anziehend) ist, sondern einfach, weil es das Gegenüber lieben will. Für Paulus ist das die Liebe, die Gott uns in Jesus Christus gezeigt und geschenkt hat (vgl. Röm 8,39). Gott ist der Ursprung und die Quelle aller Liebe (vgl. 1 Joh 4,16). Die Liebe Gottes zu uns Menschen sieht uns mit unserer Sünde und Schuld und kann nicht anders, als die Komfortzone zu verlassen und sich für uns zu opfern. Jesus gibt sich selbst in den Tod, er ist bereit alles zu geben für uns Menschen. Das ist Gottes Liebe. Gott opfert sich lieber selbst, als dass wir verloren gehen.
Diese göttliche Liebe, die sich für uns hingibt, ist die Grundlage aller Liebe, die in der Gemeinde gelebt werden kann. In dieser Liebe etwas zu tun, bedeutet, sich dieser Liebe jederzeit bewusst zu sein. Das bedeutet, dass wir zuallererst Empfangende der Liebe Gottes sind, bevor wir sie weitergeben können. Wir müssen erst einmal wissen, wovon wir reden. Deshalb müssen wir die Liebe Gottes kennenlernen, damit wir in Liebe leben können. Aus diesem Grund erinnert Paulus die Gemeinde an die Liebe Gottes, die er in Jesus Christus gezeigt hat (1 Kor 1-2).
Wenn wir in den griechischen Urtext der Jahreslosung schauen, dann bemerken wir, dass sich ein kleiner Übersetzungsfehler in der Version der Jahreslosung eingeschlichen hat. Wörtlich übersetzt steht da: „Alles bei euch geschehe in Liebe.“ Es steht eigentlich nichts vom „Tun“ im Text.
Aber geht es nicht eigentlich darum, dass Liebe konkret wird und für andere in Taten erfahrbar? Doch, das möchte die Jahreslosung auch nicht bestreiten. Aber vielleicht ist es nicht immer nur liebevoll, etwas zu tun, sondern auch vielleicht einmal, etwas zu lassen. Paulus argumentiert im Korintherbrief mehrfach dafür, dass die Korinther aus Liebe Dinge lassen sollten: Götzenopferfleisch nicht zu essen, aus Liebe zum Nächsten (1 Kor 8,9), aus Liebe zum Nächsten nicht über ihn richten (1 Kor 4,5) oder aus Liebe zum Vater nicht mit der Schwiegermutter schlafen (1 Kor 5,1).
Die Jahreslosung fordert nicht nur zum Tun auf, sondern sie fragt auch: Ist es vielleicht an der Zeit, aus Liebe einmal etwas zu lassen? Vielleicht den letzten Tagesordnungspunkt auf die nächste Sitzung verschieben, aus Liebe zu den zeitlichen Ressourcen von Ehrenamtlichen? Vielleicht aus Liebe zu uns selbst nicht bei allen Aktionen dabei sein zu müssen? Vielleicht auch einmal das Reden zu lassen, gegenüber den Menschen, die vielleicht eine ganz andere Meinung haben als ich?
Auch wenn die Übersetzung der Jahreslosung an sich nicht „falsch“ ist, so verengt sie doch den Text. Lieben kann auch bedeuten: Dinge zu lassen. Gerade in allen kirchlichen Veränderungen, die wir derzeit durchlaufen, wäre das an mancher Stelle vielleicht angebracht.
Was unzweifelhaft zum Text gehört ist das kleine Wörtchen „alles“. Alles in der Gemeinde soll in Liebe geschehen. Paulus bringt damit zum Ausdruck, dass die Liebe so etwas wie die Gemeinde-DNA sein sollte. Auch Jesus hat die Liebe zum Erkennungsmerkmal der Christinnen und Christen erhoben (vgl. Joh 13,35). In allem, was geschieht, im Umgang untereinander, im Miteinander, im Umgang mit Teilnehmenden, in der Verkündigung und im Leben der Christinnen und Christen soll Gottes Liebe erkennbar werden.
Kann Paulus das wirklich ernst meinen? Ist das nicht eine maßlose Überforderung, dass wirklich alles, jedes kleinste Gespräch, jeder Blick, jedes noch so kleine unwichtige Tun in Liebe geschehen soll? Wir sind doch alle bloß Menschen. Da passiert es halt mal, dass wir etwas Liebloses tun. Dass wir uns beschweren, dass wir schimpfen, dass wir über andere lästern, dass wir wütend werden (und du kannst die Liste bestimmt noch lang fortsetzen). Wie soll das alles in Liebe passieren? Ich glaube, dass Paulus sehr wohl um die Situation von uns Menschen weiß. Er will mit seinem Satz auch nicht ermahnen, so nach dem Motto: „Checkt genau, ob ihr auch das Zähneputzen in Liebe macht!“ Er möchte, dass wir uns als Christinnen und Christen an dem einen orientieren, der in allem, was er tut, die Liebe ist, nämlich Gott. Wir sollen uns von seinem Geist erfüllen lassen und von ihm lernen, wie er die Menschen sieht, nämlich voller Liebe. „Alles in Liebe“ bedeutet dann: Zu versuchen, alles so zu machen, wie Gott es machen würde.
Paulus betont mit seinem Satz auch, dass „bei euch“ alles in Liebe geschehen soll. Das heißt, dass es an anderen Stellen nicht üblich ist. Als Christinnen und Christen sind wir dazu aufgerufen uns von dem zu unterscheiden, wie es in der Welt zugeht: Egal, ob es sich dabei um kriegerische Auseinandersetzungen, die knallharten Gesetze der Wirtschaft, Hasskommentare im Internet, oder die Spaltung in unserer Gesellschaft handelt. In Korinth gab es vergleichbare Situationen, aber Paulus sagt: Bei euch soll es anders sein! Und die Liebe muss die Grundlage von euch Christinnen und Christen sein. Nur auf ihrer Basis kann es eine Einheit geben.
Jetzt könnte man meinen, dass das bedeutet, dass alles immer sehr harmonisch zugehen muss. „Alles in Liebe“ bedeutet so viel wie: „Alle sind immer nett zueinander“. Aber das meint Paulus nicht. Im Gegenteil, ich bin überzeugt, dass Paulus geradezu der Meinung ist, dass die Liebe uns dazu auffordert auch unsere Differenzen auszutragen. Der gesamte 1.Korintherbrief ist voll davon, dass Paulus mit den Überzeugungen in Korinth streitet! Er weiß, er ist ganz anderer Meinung als manche. Er weiß, dass er Gemeindemitglieder damit ganz schön bloßstellt und herausfordert. Lies bspw. mal 1. Kor 5. Aber das führt nicht dazu, dass Paulus sagt: „Mit euch bin ich fertig!“, sondern im Gegenteil, er geht ins Gespräch und versucht die Korinther mit guten Argumenten zu gewinnen.
Auch unter Christinnen und Christen heute gibt es große Meinungsverschiedenheiten: Egal ob über geistliche, ethische oder politische Fragen. Leider passiert es nur selten, dass in Gemeinden „liebevoll gestritten“ wird. Stattdessen grenzt man sich voneinander ab und es entstehen Spaltungen. Die Liebe, von der Paulus erfüllt ist, sie kann Unterschiede aushalten. Sie kann auch mit Menschen im Gespräch bleiben, die ganz anders ticken als ich selbst. Die Jahreslosung könnte eine Ermutigung sein, dass wir als Christinnen und Christen miteinander reden statt übereinander. Dass wir aufeinander hören und voneinander lernen, dass wir streiten und uns danach wieder vertragen, weil wir wissen, dass wir zum gleichen Herrn gehören: Jesus Christus, in dem sich Gottes Liebe zu uns gezeigt hat.
Einer meiner Lehrer im Studium sagte mal: „Kein Mensch braucht weniger als 100% der Gnade Gottes.“ Wenn wir uns das zum Vorbild nehmen, dann können unsere Gemeinden Orte werden, wo verschiedene Meinungen zu einem fruchtbaren Ganzen geformt werden.
Alles in Liebe ist auch ein Aufruf zum Losgehen! Als Christinnen und Christen sind wir dazu aufgefordert, auf andere Menschen zuzugehen. Gottes Liebe ist in unsere Herzen ausgegossen (Röm 5,5), das bedeutet, sie fließt über und geht über uns hinaus. Gottes Liebe ist nicht zum Bunkern da, sondern zum Weitergeben. Es ist keine warme Kuschelliebe, in die wir uns einwickeln und dann gemütlich am Ofen einschlummern. Gottes Liebe bringt uns dazu, rauszugehen, an die Orte, wo keine Liebe ist. Wo es kalt ist. Warum sollten wir das tun? Weil wir die Quelle der Liebe kennen, weil Gottes Liebe uns erfüllt. Deshalb sollen wir anderen Menschen von diese Liebe Gottes erzählen und sie diese Liebe erfahren lassen. Jesus schickt seine Jüngerinnen und Jünger in die Welt, damit sie von der Liebe Gottes weitererzählen und damit sie diese Liebe leben – untereinander und gegenüber Menschen, die Gott nicht kennen. Das verändert die Welt!
So ein Lebensstil in der Liebe – mich von der Liebe Gottes erfüllen lassen und die Liebe weiterzugeben – das kostet mich etwas. Er fordert mich heraus, jeden Tag. Aber das ist der Weg, den Gott gewählt hat. Seine Liebe hat ihn alles gekostet. Deshalb mutet er auch uns Liebe zu. Jesus sagt: „Liebe deinen Nächsten!“ (Mk 12,31) Das ist ein Imperativ, also ein Befehl. Das bedeutet: Nicht nur, wenn dir grade danach ist sollst du andere lieben, sondern weil du von Gott geliebt bist, weil seine Liebe in dein Herz ausgegossen ist, deshalb mutet es Gott dir zu, andere zu lieben.
Was, wenn es nicht geht? Was, wenn du mit manchen Menschen einfach nicht grün wirst? Dann versuch doch einmal, der anderen Person etwas Gutes zu tun. So, als ob du sie lieben würdest. Denn jedesmal, wenn du das tust, einfach, weil Gott diesen anderen Menschen auch liebt, dann verändert sich etwas in dir. Fange mit etwas Kleinem an, einer kleinen Geste, einer kleinen Überraschung. Und bete für diese Person. Das verändert dein Herz und Gottes Liebe gewinnt Raum in dieser Welt. Und darum geht es: Dass Gottes Liebe in dieser Welt sichtbar wird, solange, bis einfach alles in Liebe geschieht!
Verwendete Literatur:
NESTLE, E., ALAND, K. & ALAND, B.: Novum Testamentum Graece Stuttgart28 2012.
Herbst, M., Lebendig! Vom Geheimnis mündigen Christseins, Holzgerlingen 2018.
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