Die Jahreslosung 2024 hat es in sich – Paulus schreibt am Ende seines ersten Briefes an die Gemeinde in Korinth: „Alles, was ihr tut geschehe in Liebe“
Ein prägnanter Satz. Oft sind solche Sätze auf Postkarten zu lesen. Im Hintergrund Sonnenuntergänge, Herzen, Hände, alles in Pastelltönen gehalten. Liebe, Freude, Eierkuchen. Doch das nimmt diesem Satz des Apostels Paulus auch die Schärfe. Denn das kleine Wort „alle“ hat in Konsequenz große Bedeutung und Auswirkung. Denn alle Dinge in Liebe zu tun, ist eine Herausforderung. Manchmal auch eine sehr große, die Überwindung kostet und Kraft. Das müsste Paulus doch wissen. Und er mutet das der ohnehin schon zerstrittene, in Konflikten und mit Gefällen lebenden Gemeinde in Korinth zu. Vermutlich gerade deshalb. Er hatte die Menschen dort vor Augen. Schließlich hatte er die Gemeinde ja schon besucht. Paulus kennt also seine Korinther, wie andere ihre Pappenheimer. Und deshalb schreibt er ihnen am Ende seines Briefes, fast beiläufig diesen fordernden Satz. Er ist eingebettet in einen ganzen Katalog von anderen Ermahnungen und Grüßen. Tut dies und jenes aber ganz besonders das: alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.
Und Paulus erinnert damit auch an das was er einige Kapitel zuvor schreibt. Dort, im 13. Kapitel im sogenannten Hohelied der Liebe, beschreibt Paulus die Liebe mit der Gott uns in und durch Jesus Christus liebt. Diese menschenfreundliche Art von Liebe zu leben, ist der Weg und die Aufgabe. Nichts anderes meint auch die Aufforderung aus der Jahreslosung. Und weil Paulus weiß, wie herausfordernd das ist, schreibt er das als Erinnerung an die Menschen in Korinth und uns. Gottes Liebe zu uns ist vollkommen. Unsere Liebe zu ihm und unseren Mitmenschen ist und bleibt unvollkommen, bruchstückhaft und fehlt immer wieder. Aber Gott weiß das und liebt uns trotzdem. Und auch Paulus weiß das und erinnert, ohne an den Pranger zu stellen zu beschämen oder sich zu erheben daran. Bleibt dran an der Liebe. Kommt nicht auf die Idee zu denken, das ist zu schwer dann lass ich’s eben bleiben mit der Liebe. Erinnert euch vielmehr an meine Worte. Denn überlegt auf der anderen Seite, wie die Welt ohne die Liebe wäre. Was wäre, wenn keine Liebe zwischen uns Menschen wäre. Menschen leben von Liebe, von Zuneigung. Was wären wir wenn wir die Liebe nicht hätten? Wie elend wären wir, wenn wir nicht unter Gottes Liebe stünden? Paulus beantwortet das. Er sagt es in Bildern (1. Kor 13). Unser Klang des Lebens wäre dumpf, vielleicht laut, aber kein Wohlklang und der Geschmack des Lebens wäre schal. Weil wir auf Liebe angewiesen sind, für unser Zusammenleben, und für uns selbst, fordert uns Paulus auf, alle Dinge in Liebe geschehen zu lassen.
Wie kann das gehen mit der Liebe im Alltag?
Genau mit dieser Frage beschäftigen sich die unterschiedlichen Entwürfe in dieser Themensammlung. Sie reichen von der Arbeit mit Kindern, jungen und älteren Teenagern bis zu Entwürfen, die auch mit jungen Erwachsenen möglich sind. So deckt dieses Heft wieder eine große Bandbreite der Arbeit mit Kindern Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab. Mein Dank geht an die verschiedenen Autorinnen und Autoren, Expertinnen und Experten für die Arbeit, die auf sehr gute Weise verstanden haben, die Jahreslosung mit dem Alltag zu verbinden.
So geht es in der praktisch orientierten Bibelarbeit von Sarah Raisch und Ulrich Enderle, Strategien liebevollen Handelns für den Alltag durchzuspielen. Er richtet sich an zehn bis dreizehnjährige Teenager.
Der Entwurf für eine Gruppenstunde mit Schüler*innen von Sabine Schmalzhaf-Sievers steht unter dem Motto „spread the love“.
Der Entwurf von Kirche Kunterbunt schaut zunächst in einer Reflexion nach innen. Es geht dabei um den Prozess der Bewusstwerdung das Gottes Liebe für uns da ist und gilt. In einem zweiten Schritt geht es darum, wie diese Liebe gelebt und an andere weitergegeben werden kann.
Dieser Spur folgt auch der Entwurf für den Kindergottesdienst von Markus Grapke. Er geht der Frage nach, wie es gelingen kann, der Liebe Gottes, die er uns gegenüber zeigt, im Leben zu entsprechen.
Was das bedeuten kann hören wir auch im Jahreslosungslied von Hans-Joachim Eißler und Gottfried Heinzmann und der Betrachtung von Cornelis Kuttler.
Ein Ausdruck tätiger Liebe im Alltag kann diakonisches Handeln sein. Die Diakonie als Ort gelebter Nächstenliebe nimmt die thematische Einheit von Sylvia Nölke in den Blick. Sie nimmt dabei die Felder und Tätigkeiten von Diakonie wahr und versucht daraus Taten der Liebe im Alltag abzuleiten. Mit dieser Einheit kann mit Jugend- und Konfi-Gruppen zum Themenfeld Diakonie gearbeitet werden und ein Jugendgottesdienst dazu vorbereitet werden..
Eine ganz andere, kreativ künstlerische Auseinandersetzung bietet die Anleitung zu einem Workshop zu Poetry von Manuel Spohn. Er ist Selbst Poetry-Künstler und Jugendpfarrer. Mit seiner Anleitung kann ein kreativer Prozess mit Jugendlichen gestartet und angeleitet werden an dessen Ende eigene Poetry Texte entstehen, die entweder in Auseinandersetzung mit der Jahreslosung stehen oder auch mit ganz anderen Themen.
Unter der Überschrift „Mantel der Liebe statt Teppich des Schweigens“, erzählt Lukas Frey die Geschichte eines Jungen der eine veränderte Situation in seinem Alltag nicht verstehen kann. Die Geschichte kann dahingehend gelesen werden, die Jahreslosung als Chance zu begreifen, Räume der Liebe zu erschließen, Auseinandersetzungen und Konflikte besser in den Mantel der Liebe zu hüllen alles unter der Decke des Schweigens begraben.
In eine ähnliche Richtung, aber mit einem ganz anderen Aspekt geht der kurze und anstoßende Text von Ralf Brennecke. Er setzt sich damit auseinander, das unter dem Motto „alles in Liebe zu tun“ auch Missbrauch geschehen kann.
„Der Wunsch von Paulus an die Gemeinden gilt bis heute. Der Wunsch nach einem liebevollen Miteinander ist groß. Die Realität sieht manches Mal anders aus: Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden nicht liebevoll behandelt. Die Liebe zu sich selbst steht dann im Vordergrund. Die eigene Person, die eigene Lust, die eigene Machtposition missbrauchen den Umgang miteinander. Davor verschließen wir die Augen nicht. Deshalb machen sich Menschen in Kirche und Diakonie Gedanken um Schutzkonzepte vor Gewalt. Wir wollen, dass alles, was in Kirche getan wird, aus Liebe geschieht. Der Wunsch nach einem liebevollen Umgang, der die andere Person sieht, kann dadurch Realität bei uns werden.“ (Ralf Brennecke, Leiter der Diakonie Oberschwaben, Allgäu, Bodensee).
Womöglich ist mit diesem Satz, den Paulus an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat, in der Geschichte des Christentums auch Missbrauch geschehen. So konnte unter dem Deckmantel dieses Satzes die Liebe, die eigentlich Fürsorge für Schutzbefohlene und Schwächere intendiert, in gewissen Fällen pervertiert werden, und ein ganz und gar nicht liebevoller Umgang wurde kaschiert. So mahnt die Jahreslosung auch, die Liebe zu suchen und ernstzunehmen, die nicht verletzt, klein macht, ausgrenzt oder beschädigt.
Wirklich zu Herzen und ernst genommen fordert diese Jahreslosung heraus. Sie ist nicht billig und keineswegs mit einem kitschigen Postkartenmotiv mit Sonnenuntergang abzuhandeln. Sie hat Konsequenzen für den Alltag und ist nicht nur irgendein Sinnspruch. Das kommt auch in den wunderbaren Motiven von „Designerpfarrer“ David Lehmann zum Ausdruck, die vordergründig und hintergründig in die Alltagswelt (nicht nur von Jugendlichen) hineinsprechen und uns mit dem Satz des Paulus durch das Jahr 2024 und darüber hinaus begleiten.
Ein großer Dank an ihn und an alle Autorinnen und Autoren. Sie haben wieder eine Fülle an Materialien und Entwürfen erarbeitet, wie (alle Beiträge sind verlinkt):
- eine Auslegung von 1. Kor 16,14 und seinem Kontext mit weiterführenden Informationen
- einen Komplett-Entwurf für euren Jugendgottesdienst,
- Impulse für die Verkündigung, (Lied)Andachten,
- eine Sammlung von Liedern und Medien zur Jahreslosung,
- ein Stunden-Entwurf „Bändchen der Liebe“ für 10-13 Jahre alte Kinder,
- ein Entwurf für eine Einheit mit Schüler*innen unter dem Motto „spread the love“
- eine Idee für eine Challenge: „Random acts of kindness„;
- Anregungen zu einem Fotoprojekt zu den „Sieben Werken der Barmherzigkeit“ für Jugend- und Konfi-Gruppen,
- Geschichte „Mantel der Liebe statt Teppich des Schweigens“,
- einen Entwurf für eine Gruppenstunde im Kindergottesdienst,
- einen Entwurf zur Jahreslosung von Kirche Kunterbunt,
- Anregungen zur Durchführung eines Poetry-Workshops,
- wunderbare Motive zur Jahreslosung von Designerpfarrer David Lehmann,
- und eine Auslegung zu einem dieser Motive von Pfarrer Cornelius Kuttler.
Und zusätzlich haben wir noch weitere Artikel und Bausteine zusammengestellt, die schon auf jo veröffentlicht sind und zur Jahreslosung 2024 passen. Alle verknüpften Einheiten sind unten aufgelistet.
Wir von jugonet wünschen euch eine anregende und bereichernde Lektüre und dann eine gute Umsetzung in der Praxis. Viel Freude und Segen mit all‘ dem! Möge es uns immer wieder und immer mehr gelingen, unsere Dinge in Liebe geschehen zu lassen.
Matthias Rumm,
Landesjugendpfarrer Württemberg und Redaktionsleiter von jugonet
- Autor / Autorin: Rumm Matthias
- © EJW - Evangelisches Jugendwerk in Württemberg